Eine Integrationshelferin sitzt neben einem Jungen in der Schule und zeigt ihm was auf dem Tablet

Urteil zu Ausschreibungen im Sozialbereich

Bundessozialgericht untersagt Stadt Düsseldorf die Ausschreibung von Integrationshelfer*innen

Gegen die Ökonomisierung des Sozialen: Die Ausschreibung von sozialen Dienstleistungen nach Vergaberecht beschäftigt die soziale Arbeit seit vielen Jahren. Mit Unterstützung der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben der Caritasverband Düsseldorf und die Kaiserswerther Diakonie gegen die Ausschreibungspraxis der Stadt Düsseldorf im Jahr 2016 geklagt und nun in letzter Instanz Recht bekommen. Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass es der Stadt untersagt war, die Ausschreibung von Integrationshelfer*innen durchzuführen und in diesem Vergabeverfahren den Zuschlag zu erteilen.

Urteil stärkt Vielfalt der Träger und das individuelle Wahlrecht

„Ein Sieg für die Trägervielfalt und das Wunsch- und Wahlrecht der Menschen! Wir haben sieben Jahre hart dafür gekämpft, doch der mühsame Ritt durch die Instanzen hat sich gelohnt“, so Christian Woltering, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW und Landesgeschäftsführer des Paritätischen NRW. Ein wegweisendes Urteil: Durchgefochten wurde die Klage in Düsseldorf, Strahlkraft hat das Urteil weit darüber hinaus - für ganz Deutschland und über die Eingliederungshilfe hinaus. Auch für die in gleicher Weise geregelten Vertragssysteme in anderen Sozialgesetzbüchern wird die Rechtsprechung von entsprechend großer Bedeutung sein.

Zeichen gegen preisgetriebene Vergabepraxis

„Hauptsache billig: Mit dieser Vergabepraxis steht die Stadt Düsseldorf nicht alleine da. Wir beobachten diese bedenkliche Tendenz seit Jahren in vielen Kommunen. Die Ausschreibungen führen zu aggressiven Dumping-Angeboten von fragwürdigen Anbietern, die Kommerz auf Kosten der Menschen machen. Davon profitieren zum Teil gewerbliche Investoren – und die soziale Vielfalt vor Ort wird zerstört“, so Woltering. „Das ist zu kurz gedacht und am falschen Ende gespart. Gut, dass das Bundessozialgericht dem höchstrichterlich einen Riegel vorgeschoben hat. Ein wichtiges Zeichen gegen die Ökonomisierung des Sozialen und für eine vielfältige Sozial-Landschaft, in der die Menschen Wahlfreiheit haben!“

Weitere Informationen zum Urteil

Das Bundessozialgericht (BSG) ist in allen Punkten der Argumentation der Wohlfahrtsverbände gefolgt. Klargestellt ist damit, dass es im Vertragssystem weder einen europarechtlichen Zwang zu Ausschreibungen gibt noch ein Recht dazu, Vergabeverfahren durchzuführen.

Das ausführliche Urteil liegt noch nicht vor, ein Terminbericht sowie weitere Informationen zur Verhandlung sind auf der Internetseite des BSG verfügbar: www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2023/2023_05_17_B_08_SO_12_22_R.html

Hintergrundinfo: Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW

In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonischen Werke und die Jüdischen Gemeinden mit ihren 16 Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bietet sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Sicherung bestehender Angebote.

 

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